TTM Traditionelle tibetische Medizin

TTM Traditionelle Tibetische Medizin

Während das Ziel der meisten medizinischen Systeme ist, die Menschen von körperlichen Leiden zu befreien, beschreibt das System der tibetischen Medizin einen grundsätzlich ganzheitlichen Ansatz, der nicht prinzipiell zwischen körperlichen und geistigen Krankheiten unterscheidet.


Durch die Anerkenntnis der engen Verbindung der Funktionsweisen von Geist und Körper arbeitet die tibetische Medizin auf einer weitaus tieferen Ebene, als es mit (wenn auch hochentwickelten) technologischen Mitteln möglich ist, da sie die Krankheit auch an der geistigen Wurzel angeht, statt sich ausschließlich mit ihren körperlichen Manifestationen zu befassen.


Folgend eine Übersicht über die Geschichte, die Theorie und Hintergrund der TTM Traditionellen Tibetischen Medizin.


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Das Buch „Tibetische Medizin“ von Sibylle Vogel ist ein praktischer Ratgeber zu Fragen der Ernährung, Diagnose, Therapie und Möglichkeiten der Selbstheilung nach den Prinzipien der traditionellen tibetischen Medizin.

Sibylle Vogel ist ausgebildet in der traditionellen tibetischen Massage nach Dr. Lobsang Shresta. Sie arbeitet im Tibet Kailash Haus und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Themen der tibetischen Medizin.

Hardcover, 328 Seiten, € 24,80

Erhältlich im Tibet Kailash Haus oder direkt bei Sibylle Vogel

Nawo Verlag, ISBN 978-3-9522591-3-9

TTM Traditionelle Tibetische Medizin

  • Geschichte der tibetischen Medizin

    Die tibetische Medizin ist eine der ältesten Medizintraditionen der Welt. Sie geht auf schamanische Wurzeln zurück, die sich hauptsächlich mit der Wirkung verschiedener Nahrungsmittel und Heilpflanzen auf die Heilung von Krankheiten befassten und wurde später innerhalb der tibetischen Bön-Tradition weiter entwickelt.


    Nach der Gründung des tibetischen Reichs im 7. Jh. wurden von den damaligen Herrschern Heilkundige aus Indien, China sowie den persischen und griechich-römischen Gebieten Asiens eingeladen, um das Wissen der verschiedenen Medizintraditionen zusammenzuführen. Dieses gesammelte Wissen wurde daraufhin mit den etwa um die selbe Zeit von Indien nach Tibet gelangten medizinischen Lehren Buddhas verglichen, um auf diese Weise ein effektives, fundiertes Medizinsystem für Tibet zu schaffen. Die Ergebnisse dieses Erfahrungsaustausches wurden aufgrund politischer Schwierigkeiten der darauf folgenden Zeit schriftlich fixiert und versteckt. Sie wurden im 12. Jh. wiederentdeckt und nochmals dem modernen Wissen dieser Zeit angepasst. Aus dieser Neuüberarbeitung leitet sich das gegenwärtige System der tibetischen Medizin her. So wird verständlich, dass sich verschiedene Elemente der ayurvedischen, der chinesischen und selbst der griechischen Heilsysteme in der tibetischen Medizin wiederfinden.


    Das System der tibetischen Medizin ist eine lebendige Tradition, die bis heute ständig verfeinert wird und neue Umweltbedingungen und Krankheitsbilder integriert.

  • Welche Möglichkeiten bietet die tibetische Medizin?

    Während das Ziel der meisten medizinischen Systeme ist, die Menschen von körperlichen Leiden zu befreien, beschreibt das System der tibetischen Medizin einen grundsätzlich ganzheitlichen Ansatz, der nicht prinzipiell zwischen körperlichen und geistigen Krankheiten unterscheidet.


    Durch die Anerkenntnis der engen Verbindung der Funktionsweisen von Geist und Körper arbeitet die tibetische Medizin auf einer weitaus tieferen Ebene, als es mit (wenn auch hochentwickelten) technologischen Mitteln möglich ist, da sie die Krankheit auch an der geistigen Wurzel angeht, statt sich ausschließlich mit ihren körperlichen Manifestationen zu befassen.


    Wo sich besonders die naturwissenschaftlich begründete westliche Medizin bis in die jüngste Zeit in erster Linie darauf beschränkte, den körperlichen Aspekt einer Krankheit mit rein materiellen Mitteln z.B. auf chemischer Ebene zu behandeln, liegt der tibetischen Medizin die feste Überzeugung zu Grunde, dass jede Krankheit in Beziehung zum Geist steht. Die manifeste Krankheit ist gewissermaßen sichtbarer Ausdruck eines zu Grunde liegenden energetischen Ungleichgewichts.


    Die Grundlage für körperliches und geistiges Wohlbefinden ist gemäß der tibetischen Medizin das Verständnis und die Harmonisierung dreier grundlegender Energieformen, die sich auf geistiger Ebene als Gier, Hass und Ignoranz darstellen und dabei den körperlichen Energieaspekten (den drei Körpersäften) Wind (tib. Lung), Galle (tib.Tripa) und Schleim (tib. Päken) entsprechen. Dieser Ansatz der drei Körpersäfte stammt ursprünglich aus dem griechischen Heilsystem und hat auch eine Entsprechung in der ayurvedischen Medizin, wo sie Vatta, Pitta und Kapha genannt werden.


    Jeder der drei Körpersäfte wird aus den fünf Elementen (Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum) gebildet, wobei jeweils bestimmte Elemente überwiegen. So entspricht Lung dem Windelement, Tripa dem Feuerelement und Päken der Kombination aus Erd- und Wasserelement. Das Raumelement durchdringt alle dieser Energien und bildet gewissermaßen die Bühne, auf der sie sich auswirken können. Die fünf Elemente sollten nicht wörtlich verstanden werden, sondern spiegeln qualitative Aspekte aller körperlichen Phänomene wieder. So entspricht Erde dem festen, zusammenfügenden Element, Wasser dem flüssigen, befeuchtenden Zustand, Feuer dem heißen, verbrennenden und Wind dem leichten, bewegenden Element.


    Jeder Mensch hat einen persönlichen so genannten Konstitutionstyp, der ein bestimmtes Verhältnis der drei Energien darstellt. Dieses ist bei jedem unterschiedlich und entspricht vielleicht am ehesten dem, was wir als Temperament oder Charakter einer Person beschreiben. Eine Krankheit liegt vor, wenn diese individuelle Energiekonstitution im Ungleichgewicht mit den tatsächlich vorherrschenden Energien ist. Die medizinische Behandlung bewirkt ein Ausgleichen dieser aus der Ordnung geratenen Energien hin zu ihrem natürlichen Zustand. Dabei werden zunächst der Konstitutionstyp und die aktuelle Energiebalance diagnostiziert und daraufhin geeignete Maßnahmen ergriffen, um den Energiehaushalt wieder auszugleichen und zu einer der individuellen Konstitution entsprechenden Harmonie zu führen.

  • Diagnose

    Die Einzigartigkeit der tibetischen Medizin liegt auch in ihrer Diagnosetechnik. Tibetische Heilkundige nutzen dabei die einfachste und natürlichste Form um die Funktionen der Vitalorgane und des Gefäßsystems zu diagnostizieren: sie verlassen sich auf ihre fünf Sinne statt auf komplexe Geräte und Instrumente.


    Die wichtigste Methode ist dabei die Pulsdiagnose, die vielen sehr einfach erscheint aber in Wirklichkeit viele Jahre der Ausbildung, Sensibilisierung und Erfahrung benötigt, um sie zu meistern. Kein anderes traditionelles Medizinsystem hat diese Diagnosemethode so perfektioniert wie es die Tibeter über viele Jahrhunderte hinweg getan haben. Durch die Pulsdiagnose können nicht nur aktuelle Krankheiten sondern auch lange zurückliegende sowie noch nicht manifeste Gesundheitsprobleme festgestellt werden. Somit können bereits lange vor dem Auftreten des eigentlichen Krankheitsbildes effektive prophylaktische Gegenmaßnahmen ergriffen und die Krankheit somit am Entstehen gehindert werden.


    In Ergänzung zur Pulsdiagnose werden in Zweifelsfällen manchmal zusätzlich der Urin, die Zunge und die Augen untersucht. Auch das persönliche Gespräch mit dem Patienten gibt wichtige Aufschlüsse über seinen emotionalen Zustand, Gewohnheiten, das soziale Umfeld usw., die in die Behandlung mit einfließen.

  • Therapie

    Gute Gesundheit ist zunächst in einer angemessenen Ernährung und einer gut funktionierenden Verdauung begründet. Nach tibetischer Erkenntnis ist die Primärursache bei zwei Drittel aller chronischen Krankheitsbilder eine latente Verdauungsstörung bzw. eine unzureichende Aufspaltung der Nährstoffe.


    Die Verdauungshitze (der wesentlichste Aspekt der Tripa-Energie) ist bei vielen Menschen zu schwach. Kalte Getränke, Salate, Rohkost oder Süßigkeiten senken die Verdauungshitze zusätzlich. Wird die Verdauungshitze zu schwach, kann die Nahrung im Verdauungsprozess nicht vollständig verbrannt werden. Die Nährstoffe werden nicht vollständig aufgespalten, was die weitere Verwertung erschwert und den Körper zusätzlich belastet. Ein großer Teil der aufgenommenen Nahrung gelangt oft fast unverdaut in den Darm, was sich in Form von Auftreibungen oder Blähungen äußern kann. In der Folge entwickelt der Körper Mangelsymptome auf Grund fehlender Nährstoffe und Spurenelemente. Die Einnahme von Vitamin- und anderen Aufbaupräparaten ist dabei ohne gleichzeitige Unterstützung der Verdauungshitze keine dauerhafte Hilfe.


    In selteneren Fällen kann die Verdauungshitze auch zu hoch sein, was ebenfalls zu Mangelerscheinungen und einer allgemeinen Auszehrung des Körpers führen kann.


    Der erste Schritt in der Therapie ist in jedem Fall eine Überprüfung und ggf. Änderung der Essgewohnheiten und hier muss der Patient aktiv am Heilungsprozess mitarbeiten, statt sich nur auf die Einnahme der verschriebenen Kräuter zu beschränken. Dies stellt auch das größte Hindernis für einen dauerhaften Heilungsprozess dar, da wir nur ungern bereit sind, unsere eingefahrenen Essgewohnheiten grundlegend zu ändern. Für einen ernsthaft angestrebten langfristigen Heilungserfolg ist dies jedoch unerlässlich.


    Schon Sokrates sagte: „Wenn jemand Heilung sucht so frage ihn zuerst, ob er in Zukunft bereit ist, die Ursachen seiner Krankheit zu meiden“.


    Die eigentliche medizinische Behandlung stützt sich vorrangig auf die Einnahme von natürlich vorkommenden Kräutern und Zutaten statt auf chemische Präparate mit ihren oft starken Nebenwirkungen.

    Die Verabreichung tibetischer Kräuterpräparate ist insbesondere erfolgreich bei der Behandlung chronischer Leiden wie Rheuma, Arthritis, Hepatitis, Gelbsucht, Geschwüren, Nebenhölenentzündung, Depressionen, Angstzuständen und anderen Problemen im Zusammenhang mit dem Nervensystem.


    Die Zusammenstellung der Heilkräuter (sowie auch der empfohlenen Nahrungsmittel) erfolgt entsprechend dem Geschmack der Zutaten. Dem liegt zu Grunde, dass die Nahrungsmittel ebenso wie die Körpersäfte aus den fünf Elementen zusammengesetzt sind. Dabei ergibt z.B. die Kombination von Erd- und Wasserelement einen süßen Geschmack, Erde und Feuer einen saueren, Wasser und Feuer einen salzigen, Wasser und Luft einen bitteren, Feuer und Luft einen scharfen, Erde und Luft einen herben Geschmack.


    Durch geeignete Kombinationen dieser sechs Geschmacksrichtungen der Heilkräuter kann damit gezielt den Disharmonien des Energiesystems entgegengewirkt werden. Somit unterdrückt die tibetische Medizin nicht nur die Symptome einer Krankheit, sondern setzt bereits an deren zu Grunde liegender Ursache an, ist also gleichermaßen vorbeugend wie heilend und dabei frei von Nebenwirkungen.


    Wegen der Betonung des Geschmacks ist es bei der Einnahme der tibetischen Medizin wichtig, diese langsam zu zerkauen und nicht einfach zu schlucken. Durch die Entfaltung des (manchmal gewöhnungsbedürftigen) Geschmacks der Pillen werden verschiedene Sekretionen im Mund und im Verdauungstrakt angeregt, wodurch der Körper verschiedene Enzyme produziert und so die Energien schließlich selbst ausbalancieren kann. Dabei ist nicht nur der vorrangige Geschmack, sondern auch der Nachgeschmack der Kräuter von Bedeutung.


    Die tibetische Medizin kennt auch externe Therapieformen, falls die Kräuterbehandlung alleine nicht ausreicht, etwa Moxibustion oder Schröpfen. Auch die tibetische Massage ist eine immer beliebtere und sehr effiziente Möglichkeit, die Energien zu harmonisieren und Blockaden der Energiebahnen aufzulösen.


    Innerhalb der tibetischen Medizin werden keine chrirugischen Eingriffe ausgeführt. Sollten wir wirklich eine Operation benötigen sind wir bei einem westlichen Arzt in jedem Fall besser aufgehoben.

    Wir brauchen uns also nicht kategorisch für einen einzigen medizinischen Ansatz zu entscheiden. Die verschiedenen Systeme und Traditionen der Welt haben alle ihre Vorzüge und Beschränkungen und sind hilfreich für bestimmte Arten von Problemen. Im Idealfall können sie sich auch wunderbar ergänzen. Beispielsweise sprechen einige Arten von Krebs in frühen Stadien recht gut auf tibetische Medizin an, aber längst nicht alle. Aber auch bei einer westlichen Krebsbehandlung kann tibetische Medizin unterstützend wirken und zumindest helfen, die Nebenwirkungen einer Chemotherapie zu mildern.

  • Motivation und Selbstverantwortung

    Ein wichtiger geistiger Faktor für den Heilungsprozesses ist die Erzeugung einer starken Motivation, gesund werden zu wollen und auch selbst bestmöglich dazu beizutragen. Bei einem ganzheitlichen medizinischen Ansatz wie dem der tibetischen Medizin ist es nicht ausreichend, lediglich die verschriebenen Medikamente einzunehmen und dem Arzt die Verantwortung für den Heilungsprozess zu übertragen. Es ist unabdingbar, selbst aktiv an der Gesundwerdung zu arbeiten und unter Umständen einige Gewohnheiten und Verhaltensweisen zu ändern, z.B. die bereits erwähnten Essgewohnheiten.


    Eine Krankheit darf auch nicht als rein körperliches Phänomen aufgefasst werden. Der Geist ist solange wir leben untrennbar mit dem Körper verbunden. Er ist maßgeblich an allen körperlichen Handlungen beteiligt und immer auch ein ursächlicher Faktor bei einer Erkrankung.


    Die Schulung des Geistes und der Achtsamkeit auf den Körper ist daher ebenso wie die körperlichen Therapien fester Bestandteil der Behandlung in der tibetischen Medizin. Einfache Meditationsübungen wie z.B. Atembetrachtungen bringen den Geist zunächst wieder in Kontakt mit dem Körper. Der tibetische Buddhismus bietet darüber hinaus verschiedene Meditationsübungen an, um den grundlegenden Störungen Gier, Hass und Ignoranz zu begegnen, die die geistige Entsprechung zu den Energien Lung, Tripa und Päken sind.


    Diese Meditationsübungen müssen keinen religiösen Hintergrund besitzen. Auch die westliche Medizin erkennt inzwischen den Nutzen solcher geistiger Übungen an und einige westliche Mediziner wie z.B. Jon Kabat-Zinn haben auf Grundlage der buddhistischen Praxisübungen speziell für den Westen angepasste Achtsamkeitsmeditationen und Stressreduktions-Programme entwickelt, die ohne religiösen Unterbau auskommen und sowohl bei körperlichen wie auch psychischen Krankheiten anerkanntermaßen wertvolle Unterstützung leisten.


    Das tibetische Wort für Meditation „Gom“ bedeutet „sich gewöhnen“ oder „sich vertraut machen“. Zweck der Meditation ist es also, sich an heilsame Zustände wie z.B. Mitgefühl zu gewöhnen und damit die Gewohnheiten an destruktive Denkmuster wie Hass oder Gleichgültigkeit schrittweise abzuschwächen. Die Wirksamkeit dieser Meditationen und ihre positiven Auswirkungen auf die Gesundheit werden von aktuellen neurophysiologischen Untersuchungen bestens bestätigt.


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